Digitale Infrastruktur und Datentechnik in der Batteriezellenproduktion

IT-Architekturen für die Smart Factory

Die Digitalisierung präsentiert entscheidende Technologien und Instrumente, die nicht nur für die Schaffung von weit verbreiteten und wettbewerbsfähigen Produktionsverfahren von Bedeutung sind, sondern auch für die am Lebenszyklus des Produkts optimierte Beurteilung und Verbesserung der Produktivität. Durch die Integration von digitalen Prozessen in die Batterieproduktion besteht die Möglichkeit, die Qualität von Batteriezellen zu verbessern. Wie dies mithilfe digitaler IT-Architekturen und dem Industrial Internet of Things (IIoT) gelingen kann und wie digitale Infrastrukturen dazu beitragen, wertvolle Daten innerhalb des Batteriezellfertigungsprozesses zu speichern, erläutert der neunte Blogartikel im Rahmen unserer SkillandScaleUp Kampagne.

Lernende Fabriken und eine smarte Produktion erfordern die Vernetzung von Menschen, Dingen und Diensten. Im Gegensatz zu früheren Revolutionen bietet die Industrie 4.0 zahlreiche Anwendungsfälle und Lösungen für verschiedene Arten von Herausforderungen – es geht nicht mehr um die Einführung einer einzigen neuen Technologie, sondern um die durchgängige Digitalisierung von Fertigungsprozessen, wie zum Beispiel der Einsatz Digitaler Zwillinge. Infolgedessen entstehen immer mehr wertvolle Daten. Für die erfolgreiche Umsetzung digitaler Konzepte bedarf es einer ausgefeilten IT-Infrastruktur. Mit diesem Entwicklungsprozess ist jedoch ein vollumfängliches Umdenken der Architektur und Infrastruktur von Anlagen und ganzen Fertigungsprozessen erforderlich.

Was ist eine IT-Architektur?

Ein Digitaler Zwilling allein reicht nicht aus, um die bisherigen Fertigungsprozesse mit den Vorteilen der Industrie 4.0 auszustatten. Eine umfassende IT-Architektur ist daher unabdingbar. Sie kann definiert werden als: »Eine pragmatische, kohärente Strukturierung einer Sammlung von Komponenten, die die Vision des Gesamtnutzers durch diese Faktoren auf elegante Weise unterstützt.«

Grundsätzlich kann eine IT-Architektur so als übergeordneter Sammelbegriff für das Zusammenspiel der Komponenten informationstechnischer Systeme verstanden werden. Mit ihrer Hilfe wird abgebildet, welche Aufgaben bestimmte Komponenten erfüllen und trägt so dazu bei, eine systematische und effiziente Batteriezellproduktion aufzubauen. Dabei kommt, je nachdem, welches System betrachtet wird, eine andere IT-Architektur zum Einsatz: eine Informationsarchitektur, eine Geschäftssystemarchitektur, eine technische Architektur oder eine Software- oder Anwendungsarchitektur. Sie bieten jeweils entsprechende Lösungen für die Herausforderungen in der IT-Systemwelt. In Produktionsumgebungen sind so zum Beispiel die Inkompatibilität von neuen Technologien oder die IT-Sicherheit ein Problem. Mithilfe einer umfassenden IT-Architektur können diese Herausforderungen durch standardisierte Schnittstellen und ein anwendungsübergreifendes Sicherheitskonzept angegangen werden. 

© Fraunhofer FFB
Eine »Automatisierungspyramide« beschreibt die Struktur in einer automatisierten Produktion und mit ihr können die verschiedenen IT-Ebenen der industriellen Fertigung gesteuert und verwaltet werden. Sie definiert, wie Systeme schichtübergreifend miteinander interagieren und wie eine Software-Architektur gestaltet werden kann.
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MySQL ist nur eine der bekanntesten Technologien, um mit Big Data zu arbeiten. Es handelt sich dabei um ein relationales Datenbankmanagementsystem. Influx als quelloffenes Datenbankmanagementsystem ist auf Zeitreihen spezialisiert. Erfasste Daten können damit jederzeit abgerufen werden.

Die Automatisierungspyramide

In Unternehmen selbst entwickeln sich die IT-Architekturen über einen längeren Zeitraum und sind teilweise auch historisch gewachsen. Entsprechend selten wird das volle Potenzial der Architekturen genutzt, woraus sich aufwändige Entwicklungsprozesse im laufenden Betrieb und eine ineffiziente Produktion ableiten. Mithilfe einer »Automatisierungspyramide« können die verschiedenen IT-Ebenen der industriellen Fertigung gesteuert und verwaltet werden. Sie definiert, wie Systeme schichtübergreifend miteinander interagieren und wie eine Software-Architektur gestaltet werden kann. Kurzum: Sie beschreibt die Struktur in einer automatisierten Produktion.

Die Spitze bildet die »Unternehmensebene«. Hier laufen bereichsübergreifend Bestellungen und Einkäufe für den Betrieb zusammen – IT-Systeme können hier zum Beispiel die Daten eingehender Kundenaufträge senden und dem Einkauf Anweisungen für den Kauf von Kupferfolie durchgeben. So kann sichergestellt werden, dass termingerecht für die weitere Produktion neue Folie vorhanden ist. Diese Ebene ist klassischerweise in Verwaltungssystemen wie SAP angesiedelt. Die »Betriebsleitebene« darunter dient der Produktionsverfeinerung, wozu unter anderem das Qualitätsmanagement, die Datenerfassung und der konkrete Zeitplan für die Produktion der Batteriezelle zählen. Im nächsten Schritt werden auf der »Prozessleitebene« die eingeleiteten Prozesse nochmals kontrolliert und gemonitort, bevor dann auf der »Steuerungsebene« in Sekunden bspw. die Beschichtungsanlage gesteuert wird. Den Abschluss bildet die Prozessebene. Innerhalb von Millisekunden werden hier die Signale von Aktoren und Sensoren verarbeitet, wie zum Beispiel die Messwerte der Beschichtungsdickte.

In der Praxis führen die IT-Systeme die Anforderungen auf der jeweiligen Ebene innerhalb kürzester Zeit aus. Ein Nachteil der Automatisierungspyramide liegt darin, dass jede Ebene nur auf die bereitgestellten Informationen der umliegenden Ebenen zurückgreifen kann. Eine zentrale IIoT-Plattform kann dabei helfen, diese Grenzen der Automatisierungspyramide zu überwinden und in modernen Fabriken Systeme übergreifend miteinander zu vernetzen.

Was ist das Industrial Internet of Things?

Der Begriff Industrial Internet of Things (IIoT) steht für den umfangreichen Einsatz intelligenter, internetbasierter Technologie in industriellen Anwendungen. Im Gegensatz zur Industrie 4.0 ist das IIoT eine wesentliche technische Grundlage für die Umsetzung der Digitalisierung und Vernetzung in der Praxis. Es kann definiert werden als ein zentralisiertes Software-Framework, das die Erfassung, Verarbeitung und Analyse von Daten aus vernetzten industriellen Geräten und Systemen ermöglicht.

Das Grundgerüst im Bereich des IIoT setzt sich aus einer Fülle von Sensoren, Aktoren, Algorithmen und Applikationen zusammen. Während die Sensoren diverse Daten in Echtzeit aus der industriellen Umgebung erfassen, ziehen Algorithmen daraus frische Informationen und treffen Entscheidungen. Die von den Sensoren gelieferten Daten helfen, zahlreiche Parameter zu messen. Das kann in der Batteriezellfertigung zum Beispiel die Dicke oder die Oberflächengüte der Beschichtung sein. Algorithmen können hier in der Lage sein, automatisch Ausschuss im frühestmöglichen Schritt zu identifizieren oder Produktionsparameter adaptiv anzupassen. Daneben bringt das IIoT in der Produktionsumgebung weitere Vorteile:

  • Die Optimierung von Abläufen und Erleichterung der datengesteuerte Entscheidungsfindung in industriellen Umgebungen.
  • Das Verbinden verschiedener Systeme miteinander und das Verwalten der Schnittstellen.
  • Die Datenerfassung als zentraler Bestandteil der digitalen Produktion, um Daten für Analysen oder KI-Modelle bereitzustellen.
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Das Grundgerüst des IIoT besteht aus Sensoren, Aktoren, Algorithmen und Applikationen. Während die Sensoren diverse Daten in Echtzeit aus der industriellen Umgebung erfassen, ziehen Algorithmen daraus frische Informationen und treffen Entscheidungen.

Potenziale einer IT-Architektur

Durch die Verbindung von realer und digitaler Welt können viele Prozessschritte effizienter und nachhaltiger gestaltet werden. Die Anwendungsbeispiele in den Modellen zeigen bereits die vielen Potenziale, die eine digitale Infrastruktur Unternehmen eröffnet. Eine starke IT-Infrastruktur kann für die erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 entscheidend sein und zur Effizienzsteigerung, Kostensenkung, Qualitätsverbesserung und Reduktion von Produktionsausfällen beitragen. Sie stärkt damit das Rückgrat einer lernenden Fabrik und smarten Produktion.