Skill and Scale Up: Maschinelles Lernen

Innovation in Aktion: Maschinelles Lernen in der Fertigung

In den Produktionshallen beginnt Stück für Stück eine stille Revolution: Maschinelles Lernen hat Einzug in die Welt der Fertigung gehalten und fungiert als Katalysator für eine tiefgreifende Veränderung. Neben den eigentlichen Produkten entstehen in der Produktion täglich große Mengen an Maschinen- und Prozessdaten. Doch wie können die Daten richtig entschlüsselt und gewonnene Informationen sinnvoll verwendet werden? Wie kann maschinelles Lernen in der Batteriezellfertigung nicht nur die Effizienz, sondern auch die gesamte Dynamik der Fertigungsbranche verändern? Unser zehnter Beitrag der Informationskampagne »SkillandScaleUp« liefert die Antworten. 

Intelligente Maschinen, die uns lästige oder gefährliche Arbeiten abnehmen, die Fehler erkennen, bevor sie zur Gefahr werden und lernen können, intelligent zu sein – was für lange Zeit mehr ein Wunsch war, ist in den vergangenen Jahren durch die künstliche Intelligenz (KI) und das maschinelle Lernen (ML) Wirklichkeit geworden. Ob in der Kommunikation, in der Forschung, im Privatleben oder in der Produktion. ML ist hochkomplex und oft fragt man sich, warum eine Maschine so und nicht anders gedacht hat. Dabei lernen sie schneller als wir annehmen. Mehr noch: In einer vollautomatisierten Zukunft werden auch in der Batteriezellfertigung aufeinander abgestimmte Prozesse von der Beschichtung bis zur fertigen Batteriezelle nahtlos ineinandergreifen.

An der Fraunhofer FFB arbeitet der Bereich »Digitalisierung der Batteriezellfertigung« daran, den Einsatz digitaler Technologien als Werkzeuge einzusetzen. Zudem werden digitale Methoden in der Fertigung erprobt, um diese auf ein industriell anwendbares Niveau zu bringen. Dazu gehört auch das maschinelle Lernen.

© Fraunhofer FFB
KI und Maschinelles Lernen finden in vielen Bereichen Anwendung, unter anderem in Produktionsprozessen und in der Logistik.

Vom Datenfluss zur Entscheidungsfindung: Der Prozess des Maschinellen Lernens

Für die Optimierung von Produktionsprozessen werden verschiedene Methoden unterschieden, darunter das Qualitätsmanagement sowie der Bereich der »Analyse und Modellierung«, unter dessen Dach sich die Prozessoptimierung, die Fehleranalyse und der Einsatz statistischer Methoden vereinen. In diesen Bereich fallen auch ML und KI. ML ist ein Teilbereich der KI, der Computer dazu befähigt, aus Erfahrungen zu lernen, ohne explizite Regeln anzuwenden.  Im Wesentlichen geht es darum, Algorithmen zu entwickeln, die Muster in Daten erkennen, um darauf basierend Vorhersagen oder Entscheidungen treffen können. Ziel ist es die Fähigkeit von Computersystemen, aus Daten zu lernen und ihre Leistungen zu verbessern – ohne explizit dafür programmiert zu werden.

Ein Beispiel: Einer KI soll beigebracht werden ein Auto von einem LKW zu unterscheiden. Anstatt der KI klare Anweisungen zu geben, wie ein Auto oder ein LKW aussieht, werden der KI viele Bilder von Autos und LKWs gezeigt. Da diese Bilder objektive Gemeinsamkeiten aufweisen, wie zum Beispiel das Vorkommen bestimmter Farben, Umrisse oder Formen, werden bei der Verarbeitung der Bilder immer wieder ähnliche Informationen erkannt. So entstehen spezifische Muster, denen das System in diesem Fall die Assoziation »Auto« bzw. »LKW« zuschreibt. Wird der trainierten KI nun ein Bild gezeigt, welches sie noch nicht kennt, vergleicht sie gefundene Merkmale mit bekannten Trainingsdaten. Stimmen Muster aus dem neuen Bild mit bereits bekannten Mustern überein, erkennt dies der Algorithmus und entscheidet, ob es sich um ein Auto oder um einen LKW handelt.

Im Alltag begegnet uns ML nicht nur durch die Nutzung von Programmen wie ChatGPT, sondern zum Beispiel auch im Einzelhandel, um das Kaufverhalten zu verstehen und personalisierte Empfehlungen abzugeben. Doch auch in der Fertigung von Batteriezellen. 

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Maschinelles Lernen ist ein Ansatz, bei dem Algorithmen verwendet werden, um Muster in Daten zu erkennen und ohne explizite Programmierung von ihnen zu lernen. So ermöglicht es basierend auf diesen Trainingsdaten Aufgaben zu automatisieren.

Wie die Batteriezellproduktion vom maschinellen Lernen profitieren kann

Die Digitalisierung der Batteriezellenproduktion bietet ein enormes Optimierungspotenzial, um den hohen Qualitätsanforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig möglichst kosteneffizient zu produzieren. Datengetriebene Anwendungen, wie das Nutzen von ML, können so die Produktion nachhaltiger gestalten und die Qualität optimieren. Zum Beispiel durch die Vorhersage der Zellqualität anhand von Zwischenprodukten oder die Vorhersage von Geräteausfällen und Wartungsbedarf. Das ML findet in der Batteriezellfertigung unter anderem in drei Clustern Anwendung: Beim Prozess, den Maschinen und Anlagen sowie beim Produkt, der Batteriezelle. Wir werfen im Folgenden einen genaueren Blick auf den Prozess. 

Präzise Rückverfolgung und Qualitätsüberwachung im Beschichtungsprozess

Ein spannender Ansatz ist die ortsgenaue Zuordnung von Daten zu Qualitätsmerkmalen und Prozessparametern während des Beschichtens. Wie im Blogbeitrag zum Fertigungsprozess erläutert, wird zunächst die Elektrodenpaste hauchdünn auf die Trägerfolie aufgetragen, bevor anschließend Elektrodenfolie den Trocknungskanal durchläuft.

Für eine genaue Rückverfolgung der Zellen ist zunächst eine eindeutige Kennzeichnung auf der Elektrodenfolie notwendig. Dazu wird eine Lasermarkierung mit einem Data Matrix Code (DMC) verwendet und auf die Folie aufgebracht. Dies ermöglicht ein zellspezifisches Datenmapping.

Im nächsten Schritt folgt die Qualitätskontrolle: Mögliche Beschichtungsfehler, wie Risse oder Luftbläschen sind für das menschliche Auge gar nicht sichtbar. Eine Zeilenkamera ist daher mit einem zuvor trainierten Algorithmus ausgestattet und kann anhand der ihm bekannten Muster die Folie auf Mängel überprüfen und entscheiden, ob der Folienbereich weiterverarbeitet oder vom weiteren Verarbeitungsprozess ausgeschlossen wird. Die zuvor vergebenen Codes ermöglichen die eindeutige Lokalisierung der Beschichtungsfehler. Durch diese intelligente Prozesssteuerung kann möglicher Ausschuss schon zu einem frühen Zeitpunkt erkannt und damit zur Qualität der Batteriezelle beitragen. 

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In der Batteriezellproduktion werden Algorithmen eingesetzt, um die Qualität der Beschichtung zu überprüfen.

Maschinelles Lernen als Schlüssel zur Qualitätssteigerung

Die fortschreitende Integration maschinellen Lernens in den Fertigungsprozess von Batteriezellen markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der Produktion. Die präzise Rückverfolgung und Qualitätsüberwachung im Beschichtungsprozess sind nur ein Beispiel für den intelligenten Einsatz von Daten, Algorithmen und KI. Durch den Einsatz von ML u.a. in der Qualitätskontrolle wird nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch die Qualität der Batteriezellen auf ein neues Niveau gehoben. Doch auch die Vorhersage von Geräteausfällen und der Wartungsbedarf tragen dazu bei, den Fertigungsprozess zu verbessern. Die stille Revolution in den Produktionshallen wird somit nicht nur zur Realität, sondern auch zur treibenden Kraft für nachhaltigere, kosteneffiziente und qualitativ hochwertige Batterieproduktionen – ein entscheidender Schritt in Richtung einer intelligenten Zukunft.