Batterieproduktion 4.0: Der Digitale Zwilling

Smarte Fertigung: Wie digitale Lösungen die Batteriezellfertigung optimieren können

Mit dem achten Beitrag unserer Informationskampagne »SkillandScaleUp« wechseln wir in den zweiten zentralen Forschungsbereich: Die digitalisierte Batteriezellfertigung. Dafür ist es wichtig zu verstehen, vor welchen Herausforderungen die Batterieproduktion noch steht, die mithilfe der Prinzipien der Industrie 4.0 gelöst werden können. Ein vielfältiges Potenzial bietet hier der Einsatz digitaler Zwillinge. 

Digitale Technologien spielen für die Fertigung von Batteriezellen eine wichtige Rolle. Bisher beruhen noch viele Produktionsschritte auf analogen recht starren Abläufen und erfahrungsbasierten Parametern im Vergleich zu digitalen, adaptiven und anpassungsfähigen Prozessen. Dabei ist die durchgängige Digitalisierung der Wertschöpfungskette ein zentraler Wegbereiter für eine nachhaltigere Batterieproduktion – so auch an der Fraunhofer FFB. Mit ihr können zahllose Daten erfasst und Prozesse effizienter gesteuert werden: Von der Rückverfolgung der Eigenschaften der einzelnen Batteriezelle, über die Dicke der aufgetragenen Beschichtung bis zur optimalen Steuerung der Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit – d.h. der gesamte Produktionsprozess läuft zukünftig in der »FFB PreFab« nicht nur real, sondern auch virtuell ab.

Die intelligente Vernetzung von Produktionsprozessen

Ziel der Industrie 4.0 ist die vollständige Digitalisierung der Produktion. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Eine vernetzte und intelligent produzierende Fabrik arbeitet effizient, qualitativ hochwertig und ressourcenschonend. Insbesondere für die Fertigung von Batteriezellen, die aktuell noch von hohen Kosten und Ausschussraten geprägt ist, ist der Einsatz digitaler Technologien unerlässlich. 

Für die Entwicklung digitaler Workflows und automatisierter Produktionsprozesse werden vor allem findige Ingenieure und offene Märkte benötigt, die die Erarbeitung und technische Umsetzung einer umfassenden Digitalisierungsstrategie zur effizienten und nachhaltigen Nutzung von Batteriedaten ermöglichen. So können alle anfallenden Daten entlang des gesamten Produktionsprozesses gewinnbringend verknüpft werden. Die Erarbeitung dessen setzt eine vollständige Digitalisierung aller Methoden und Prozesse zur Datengenerierung und -verarbeitung voraus. Großes Potenzial für die Batteriezellfertigung haben hier unter anderem digitale Zwillinge als Abbild eines physischen Gegenstücks.

Was ist ein Digitaler Zwilling? 

Digitale Zwillinge ermöglichen es, neue Prozesse und Technologien in einer Simulationsumgebung zu testen. Sie sind eng verknüpfte, virtuelle Kopien physischer Objekte. Die Idee ist nicht neu: Um Probleme und ihre Lösungen zu testen, hat die NASA bereits in den 1970er Jahren die im Weltraum eingesetzten Raumschiffe auf der Erde exakt nachgebaut. Was damals noch analog umgesetzt wurde, findet heute im digitalen Raum statt. 

© Fraunhofer FFB

Der Digitale Zwilling kann mithilfe von Daten, Informationen und Modellen ein Objekt präzise widerspiegeln. Die Abbildung von Prozessen ist erst durch das Zusammenspiel von mehreren digitalen Zwillingen möglich. Ein Objekt kann dabei sowohl physischer Natur sein, zum Beispiel eine Anlage oder ein Gebäude, als auch virtueller Natur, wie ein Plan oder ein Prozess. Übergeordnete Ziele, die mithilfe eines digitalen Zwillings erreicht werden sollen, sind u.a. die Informationsbeschaffung und -analyse, die Informationsbereitstellung, die Entscheidungsunterstützung sowie die Steuerung autonomer Systeme. Der Mehrwert eines digitalen Zwillings liegt so zum Beispiel in der vorausschauenden Wartung von Anlagen, der Qualitätsvorhersage der Produkte, die virtuelle Inbetriebnahme sowie die Rückverfolgbarkeit der Batteriezelle während des gesamten Produktionsprozesses. 

Für die Batteriezellfertigung wird zwischen drei Ausprägungen des Digitalen Zwillings unterschieden. Sie spielen je nach Anwendungsfall eine unterschiedliche Rolle in der Batteriezellfertigung:

  • Der digitale Anlagenzwilling 
  • Der digitale Produktzwilling 
  • Der digitale Gebäudezwilling
© Fraunhofer FFB
Mit dem digitalen Anlagenzwilling kann die Effizienz der Anlage erhöht werden, da die Daten zusammenhängend betrachtet werden können. Dies führt zu einer ökonomischeren und ökologischeren Produktion.
© Fraunhofer FFB
Auf Basis eines digitalen Produktzwillings kann die Auswertung von Nutzungsdaten jeder einzelnen Batterie in Kombination mit den gespeicherten Produktdaten erfolgen.
© Fraunhofer FFB
Der digitale Gebäudezwilling setzt auf dem existierenden Building Information Modelling (BIM) auf und erhöht durch die digitale Abbildung des Gebäudes in allen Bau- und Betriebsphasen die Effizienz der Planung und des Betriebs von Fabrikgebäuden.

Der digitale Anlagenzwilling: Verknüpfung von Produktionsmaschinen

Das Hauptaugenmerk liegt beim Anlagenzwilling auf den Produktionsanlagen in der Batteriezellfertigung. Er digitalisiert alle Prozesse der Produktionsanlagen in der Fabrik. Dadurch können zum Beispiel der Zustand von Maschinen überwacht und darauf basierend Entscheidungen getroffen werden, wodurch sich ihr Verschleiß reduziert und Wartungszeiten verkürzt werden. Die Effizienz der Anlage wird erhöht, da die Daten zusammenhängend betrachtet werden können. Dies führt zu einer ökonomischeren und ökologischeren Produktion.

Der digitale Produktzwilling: Virtuelle Repräsentanz entlang des gesamten Produktlebenszyklus 

Im Gegensatz zum Anlagenzwilling sammelt der Produktzwilling alle Daten und Merkmale von Rohstoffen sowie Zwischen- und Endprodukten, die Parameter der Verarbeitungsprozesse inbegriffen. Das ermöglicht zum Beispiel die Rückverfolgbarkeit rieselnder Feststoffe und fließender Pasten. Aktuell wird beim Mischen zum Beispiel die Slurry-Paste noch in einzelnen Chargen hergestellt. Der digitale Produktzwilling kann dabei unterstützen, einen kontinuierlichen Mischvorgang ermöglichen. Darüber hinaus kann auf Basis eines digitalen Produktzwillings die Auswertung von Nutzungsdaten jeder einzelnen Batterie in Kombination mit den gespeicherten Produktdaten erfolgen und so die Entscheidung über die Zweitvertwertung und das Recycling dieser beeinflussen. 

© Fraunhofer FFB
Der Digitale Zwilling kann mithilfe von Daten, Informationen und Modellen ein Objekt präzise widerspiegeln – so auch in der »FFB PreFab«.

Der digitale Gebäudezwilling: Verfügbares Wissen entlang der Lebensphasen des Gebäudes 

Gerade für die Batteriezellfertigung besteht ein großer Bedarf an energieintensiven Rein- und Trockenräumen. Der digitale Gebäudezwilling setzt auf dem existierenden Building Information Modelling (BIM) auf und erhöht durch die digitale Abbildung des Gebäudes in allen Bau- und Betriebsphasen, die Effizienz der Planung und des Betriebs von Fabrikgebäuden. Die Effizienzsteigerung reduziert folglich die Kosten und die CO2-Emissionen.  

Potenziale für eine effiziente und nachhaltige Produktion 

Die verschiedenen digitalen Zwillinge erlauben durch ihr Zusammenspiel übergreifende Erkenntnisgewinne und Optimierungen. Wichtig ist es, dass sie in bei der Umsetzung in einer Batteriezellfabrik auf den jeweiligen Anwendungsfall abgestimmt werden und bereits frühzeitig alle Nutzer in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. So lassen sich mit der Gesamtheit, der im digitalen Zwilling gespeicherten Daten aus Fertigung und Nutzung, innerhalb kürzester Zeit neue und verbesserte Batteriezellen entwickeln und die Produktion optimieren.

Live Q&A »Der Digitale Zwilling in der Batteriezellfertigung«

Talk to an Expert: So lautete das Motto unseres ersten Live Q&A am 20. März 2023. Passend zum Thema gab es die Experten gleich im Doppelpack: Abteilungsleiter für die Digitalisierung der Batteriezellfertigung Dr. Jonathan Krauß und Gruppenleiter für die Datenakquise- und -aggregation Arno Schmetz beantworten im YouTube-Video  alle Fragen rund um den Digitalen Zwilling in der Batteriezellfertigung.